Sonntag, 29. November 2020

Wieder einmal Lektüre

Die Situation ist absurd. Einerseits Lockdown und Verschärfungen, andererseits Urlaubsangebote auf allen Kanälen, um die Verwirrung perfekt zu machen. Da möchte ich nicht einmal mehr eigenen Sehnsüchten nachspüren, sondern lese lieber Krimis.

Die Reihe um den etwas eigenartigen Ermittler Nicolas Guerlain (Autor Benjamin Cors), der kein Polizist ist, sondern Personenschützer, hat mich nach anfänglichen Schwierigkeiten doch in ihren Bann gezogen. Der erste Teil war ziemlich mühsam zu lesen, aber die nachfolgenden Bände habe ich regelrecht verschlungen. Sie waren fokussierter als der erste Band, wo das Spiel mit verschiedenen Erzählsträngen zu übertrieben war. Der fünfte Band „Sturmwand“, der auf der Insel Chausey spielt, von der ich bisher noch nichts wusste, hat mir bisher am besten gefallen. Ich freue mich auf Band 6 „Schattenland“, angekündigt für nächstes Jahr.

Ein anderer, sehr spezieller Ermittler aus der Normandie ist Antoine Kirchner, eigentlich ein berühmter Journalist. Autor ist David Tanner. Bisher sind zwei Kriminalromane um Kirchner erschienen, der immer auf der Suche ist nach großen, skandalösen Geschichten – und manchmal geht es eben um brisante Morde, die zudem hoch angebunden sind. Zum Berufsethos von Kirchner kann man meinen, was man will (realistisch oder nicht) – atemberaubend sind diese Krimis auf jeden Fall; man kann wunderbar in die Geschichten eintauchen und vom Alltag abschalten. Nebenbei ist Kirchner auch ein begnadeter Hobbykoch, und die Beschreibungen seiner Menüs sind interessant, wenn auch eher nicht zur Nachahmung empfohlen für Durchschnitts-Hobbyköche. Den zweiten Band „Im Schatten des Mont Bisanne“ fand ich noch besser als den ersten „Mörderisches Arcachon“ und hoffe sehr auf eine Fortsetzung.

Aber: ich musste auch passen bei meiner Suche nach dem jeweils nächsten Krimi. Die hochgelobte Serie „Bruno – Chef de police“ von Martin Walker ist überhaupt nichts für mich. Ich habe nichts dagegen, wenn die Spannung allmählich steigt, aber behäbige Millieuschilderungen, in denen es auch dann noch dahinplätschert, wenn ein Verbrechen geschehen ist, lassen bei mir keine Freude aufkommen. Ich bin nicht allzu weit mit Band 1 gekommen – Einschlafgarantie, kann ich nur sagen, und werde nicht versuchen, mich dort noch einmal einzulesen.

Auch Band 1 von Jules Besson um den pensionierten deutschen Hauptkommissar Konrad Keller in Südfrankreich konnte mich nicht überzeugen. Ich habe das Buch ausgelesen, denn die Aufklärung des Falles (wenn auch vorhersehbar) interessierte mich schon, aber nachfolgende Bände möchte ich nicht mehr lesen.

Sehr, sehr begeistert haben mich die Geschichten um die Ermittlerin Anabela Silva (Autorin Carolina Conrad). Anabela ist in Deutschland als Tochter portugiesischer Einwanderer aufgewachsen, doch während einer Krise in der Lebensmitte verschlägt es sie wieder in die alte Heimat Portugal. Sie hilft als Dolmetscherin bei der Polizei aus und entdeckt ihr kriminalistisches Gespür. Mit ihrer Hartnäckigkeit dringt sie bald tief in den jeweiligen Fall ein. Erschienen sind bisher drei Bände und ich fand sie alle sehr gut: Überzeugende Charaktere, viel Lokalkolorit, Bezugnahmen auf Portugals Geschichte, aber auch gegenwärtige Probleme, und dazu ein wirklich angenehmer Humor – da passt einfach alles. Ich hoffe sehr, dass noch viele Bände folgen werden!

Und heute, am ersten Advent, ist für mich schon Weihnachten, denn für 2021 ist eine Fortsetzung meiner Lieblings-Krimiserie von Cay Rademacher angekündigt. In „Schweigendes Les Baux“ wird wieder Capitaine Roger Blanc ermitteln und ich bin sicher, dieses Buch ist ebenso spannend wie stilsicher erzählt.