Samstag, 27. Februar 2016

Travemünde - Priwall

Für unseren letzten Tag in Travemünde wünschte ich mir noch einmal viel Sonne. Nach Licht und Weite habe ich mich gesehnt und zurückblickend stelle ich fest, dass wir wirklich Glück mit dem Wetter hatten. Der Tag begann trüb, aber nach dem Frühstück kam die Sonne heraus und wir machten kurzentschlossen einen ersten Spaziergang am Meer. Wir gingen bis zur Seebrücke, blickten ins seichte, klare Wasser und auf den sandigen Boden hinunter, den die Wellen geformt hatten. Die Sonnenstrahlen glitzerten auf dem kaum bewegten Meer und ich hätte stundenlang so stehen und schauen können. An unserem letzten Tag hier habe ich das Gefühl, angekommen zu sein, die Unruhe völlig abgelegt zu haben und von nun an könnte ich mich treiben lassen.

Kurz nach zehn Uhr brachen wir von der Ferienwohnung aus zum Hafen auf, wo wir gern eine See- und Hafenrundfahrt mitmachen wollten. Wir waren noch skeptisch, ob das Schiff überhaupt fahren würde, aber schon bummelten viele Wochenendgäste und Spaziergänger durch Travemünde und ja: das Schiff fuhr. Es machte nur eine kleine Runde aufs Meer und fuhr, nachdem es sich einer Fähre bis auf wenige Meter genähert hatte, zurück in den Hafen bis zum Skandinavienkai und von dort aus wieder an die Anlegestelle.

Wir hatten nicht nur eine angenehme Fahrt bei Sonnenschein und guter Sicht, sondern auch einen guten Ausblick auf unser heutiges Wanderziel, den Priwall. Nach unserer Fahrt und einer kurzen Pause fuhren wir mit der Fähre dorthin, wo uns ein Wander-Rundweg lockte. Zunächst aber reizte uns der lange Sandstrand. Hier hat die Ostsee Unmengen von Muscheln, Tang und sogar einige Quallen angeschwemmt. Es gibt Dünen und viele Möwen, es riecht nach Meer und wenn sich nicht irgendwann ein paar dicke Wolken vor die Sonne geschoben hätten, wäre ich am liebsten stundenlang so weiter gegangen.

Aber unserer Karte nach hatten wir den Priwall bereits verlassen, ebenso Schleswig-Holstein und den ehemaligen Westen Deutschlands, und tatsächlich zeigten uns die Wegweiser im Landesinneren, dass wir wieder ein Stück zurück gehen mussten, um unseren Rundweg zu finden. Nach einigen Metern erreichten wir das Ortseingangsschild von Travemünde und eine Hinweistafel auf die ehemalige Grenze, die wir nun zum zweiten Mal überschritten. Ich bin mit vielem, was heute in diesem System geschieht, nicht einverstanden, aber in diesem Moment war ich froh darüber, dass die deutsch-deutsche Grenze nicht mehr existiert. Wir können nach Travemünde fahren, wie wir auch nach Warnemünde fahren können, und man könnte sogar mit dem Fahrrad an der ganzen Ostseeküste entlang radeln: ein reizvoller Gedanke, wenn man gerade den Alltag hinter sich gelassen hat.

Wir mussten noch eine Weile neben der Straße entlang, an Kleingärten und einem Campingplatz vorbei gehen, bis endlich unser Wegweiser kam: nun befanden wir uns auf dem nördlichen Priwall-Rundweg. Wir folgten ihm durch einige Straßen und ein Waldstück hindurch und gelangten so auf den südlichen Priwall-Rundweg. Wieder ging es zwischen einem etwas trist wirkenden Waldstück und ein paar Siedlungshäusern entlang, und ich fragte mich schon, was denn bitte diese Halbinsel Besonderes zu bieten hat. Doch plötzlich war es mir, als hörte ich ein Schiff. Bald sahen wir es: wir waren nur wenige Meter von der Trave entfernt und gerade fuhr eine der großen Fähren vorbei.

Der weitere Weg führte lange an der Trave und an der Pötenitzer Wiek entlang; es gab immer wieder hübsche Aussichtspunkte und ab und an kann man sicher Wasservögel beobachten. Wir sahen Rehe, die uns erst spät bemerkten und nicht sehr scheu waren. Nachdem wir exakt wieder unseren Ausgangspunkt der Südrunde erreicht hatten, bogen wir Richtung Altstadt ab und erreichten bald wieder die Fähre. Inzwischen war die Sonne gesunken und der Schiffsverkehr hatte zugenommen. Nach zehn Wanderkilometern und reichlich drei Stunden in der Natur genossen wir einen Glühwein an der Promenade und setzten uns in einen der Strandkörbe. Am Wochenende ist Travemünde angenehm belebt, im Winter aber wohl nicht überfüllt. Heute gefiel es uns sehr gut. Was ich von hier mitnehmen werde: ganz viel Reiselust. Die Skandinavien-Fähren haben es uns angetan, die Ostsee, und auch andere, größere Meere, die wir kennen und natürlich auch diejenigen, die wir noch nicht kennen.

Freitag, 26. Februar 2016

26.02.16 Lübeck

Der heutige Tag war für Lübeck vorgesehen. Am Mittwoch, unserem Anreisetag, hatten wir bereits Zeit für einen Stadtrundgang und einen ersten Eindruck gehabt. Die Altstadt ist nicht sehr groß. Ich hatte sie mir größer vorgestellt - warum, kann ich nicht sagen.

In Lübeck ist die Geschichte sehr gegenwärtig. Nachdem wir das Holstentor bewundert hatten, wollten wir auf den Turm der St.-Petri-Kirche hinauf fahren. Leider ist der Turm exakt während unseres Aufenthaltes gesperrt. Pech gehabt - aber wir sind nicht in erster Linie deswegen her gekommen.

Ein Hauptgrund, weswegen wir die geplante Silvesterreise verschoben haben, war die Tatsache, dass wir über den Jahreswechsel keine Zeit gefunden hätten, das Buddenbrook-Haus zu besichtigen. Dieses Haus wurde unter anderem von der Familie Mann bewohnt und ist heute ein Museum und literarisches Zentrum. Im Museum habe ich eine ganze Weile lang die Zeit vergessen. Vieles, was ich über die Familie Mann gelesen hatte, war mir nicht mehr gegenwärtig und nun kamen die Erinnerungen wieder.

Den Roman "Die Buddenbrooks" habe ich vor einigen Jahren gelesen und auch daran erinnere ich mich nicht mehr so gut. Deutlich erinnere ich mich daran, dass ich beim Lesen erstmals Thomas Manns Humor spürte. Beim "Zauberberg", den ich zuvor gelesen hatte, hatte ich noch kein Gespür dafür entwickeln können. Aber ich liebte die "Buddenbrooks". Es ist ein wunderbares, episches Werk, in dem man für eine ganze Weile versinken kann. Man taucht in eine andere Welt, in eine andere Zeit ein und die eigene tritt für eine Weile in den Hintergrund.

Gleich gegenüber befindet sich die St.-Marien-Kirche, die den Betrachter nicht nur durch ihre Schönheit beeindruckt, sondern sie rührt auch sehr an. Dass hier Dietrich Buxtehude die Orgel spielte und Johann Sebastian Bach nach Lübeck kam, um ihn zu hören, war mir auch nicht mehr gegenwärtig. Wie gut, dass wir diesen besonderen Ort gefunden haben.

Anschließend sahen wir uns ein wenig im Heilig-Geist-Hospital um und gingen weiter bis zur Burg, um wieder zum Rathaus zurückzukehren. Im traditionellen CaféNiederegger stärkten wir uns mit Kaffee und Kakao. Dann bummelten wir noch ein wenig durch die Fußgängerzone und fuhren kurz nach 16 Uhr wieder nach Travemünde zurück. Das Wetter war nach freundlichem Start am Morgen etwas trübe mit Nieselregen, was aber bei einer Stadttour nicht so schlimm war. Mein Andenken an Lübeck wird der Wunsch sein, die "Buddenbrooks" noch einmal zu lesen.

Donnerstag, 25. Februar 2016

25.02.16 Travemünde

Es zog uns für ein paar Tage an die Ostsee. Eigentlich wollten wir über Silvester nach Travemünde fahren, aber diesen Plan gaben wir wieder auf, das wäre zu hektisch geworden. Also Ende Februar, wenn außerdem die Tage schon länger sind. Im Winter an der Ostsee braucht man ein wenig Glück. Bei Regen, Sturm, Nebel in der Ferienwohnung zu sitzen ist doch kein so guter Plan, es sei denn, man hat genügend Zeit, um auf besseres Wetter zu warten. Aber wer hat schon Zeit?

Auch als Kurzurlauber möchte man ein wenig "aus der Zeit fallen". Das kann man im Winter an der Ostsee sehr gut. In Travemünde ist es um diese Zeit sehr ruhig. Nur wenige Gaststätten sind geöffnet, der Museums-Leuchtturm ist geschlossen, und die Anzahl der Spaziergänger am Ufer ist meist überschaubar.

Warnemünde, wo ich im Winter schon war, hat auch in der Nebensaison mehr Flair. Seit ich hier bin, stelle ich regelmäßig fest, dass es dort schöner ist. Vergleiche sind ja hervorragend dazu geeignet, Missstimmungen hervorzubringen, aber so weit lasse ich es nicht kommen. Denn hier ist es auch schön, wenn auch ein wenig anders.

Immer wieder lenkt das Meer die Blicke auf sich. Hier in der Lübecker Bucht ist es recht zahm, wirkt oft wie ein großer See. Aber so glatt und samtig, wie die Oberfläche wirkt, hat es auch etwas. Besonders beeindrucken mich das diffuse Licht, die Pastellfarben und natürlich auch die Momente bei Sonnenschein, wenn es mit einem Mal aussieht wie der Atlantik an den Kanarischen Inseln.

Es gibt eine kleine Steilküste, das Brodtener Ufer. Von Travemünde aus - wir wohnen am Ende der Uferpromenade - kann man sehr schön entlang nach Niendorf und weiter zum Timmendorfer Strand wandern. Das ist auch im Winter ein Erlebnis. Wir haben dreieinhalb Stunden für diese Strecke gebraucht - ziemlich genau 12 Kilometer sind es, wenn man am Ufer entlang geht. Positiv fallen uns die fielen Schilder auf, mit denen die Hundebesitzer auf die Pflicht, Hunde anzuleinen, hingewiesen werden. Leider interessiert das die wenigsten Hundehalter. Wir wären gern mal unten am Wasser entlang gegangen, aber gerade dort tummeln sich die größten und temperamentvollsten Exemplare - und wir wollen uns ja erholen und nein, spielen wollen wir nicht.

Niendorf hat einen sehr schönen Sandstrand mit einem breiten, seichten Flachwasserbereich - und das Meer ist kristallklar. Familien können hier sehr schön Badeurlaub machen. Auch uns war dieser Ort für Familienferien empfohlen worden, aber das war für uns damals nicht bezahlbar. Niendorf gefällt mir gut, Timmendorf ist etwas mondäner und weniger hübsch. Hier suchen wir eine Weile nach einer Bushaltestelle: es gibt ein gutes Busnetz und die Nutzung ist mit Kurkarte sehr preiswert. Wir fahren mit der Linie 40 nach Travemünde zurück und zahlen einen Euro pro Person. Außer uns sind viele Schulkinder im Bus, aber das macht nichts: Hauptsache, wir sind im Warmen. Und 12 Kilometer zurück wandern möchten wir nicht, an solche Wanderungen sind wir noch nicht wieder gewohnt.

Nach einer kurzen Pause in der Ferienwohnung zieht es uns wieder hinaus: die Sonne scheint, und die Ostsee ist tiefblau - was für ein Anblick! Wir bummeln bis zum Hotel Maritim, wo auch Nicht-Hotelgäste in der Zeit von 15-17 Uhr das Restaurant "Über den Wolken" im 35. Stock nutzen können. Wir haben einen tollen Blick über die Lübecker Bucht. Allein die verschiedenen Blau- und Grüntöne des Meeres sind von oben viel besser zu sehen. Es gibt vorzüglichen Kuchen und der Kakao, den ich bestellt habe, ist der beste, den ich bisher genossen habe.

Nach dem Kaffeetrinken bummeln wir zum Hafen von Travemünde. Hier finden wir nun kleine Geschäfte, ein paar urige Gaststätten und viele Fischerhäuser - all das, was es am Strand nicht gibt. Der Wunsch, Travemünde einmal kennen zu lernen, entstand, als ich "Die Buddenbrooks" las. Tony Buddenbrook erholte sich ein paar Tage hier und jene Passage, die davon erzählt, hat mir besonders gefallen. Ich mag es ja, wenn sich jemand zu einem Ort hingezogen fühlt. Und für einen Kurzaufenthalt bin ich gern hier. Mein Travemünde, das stelle ich immer wieder fest, ist Warnemünde. Aber ich bin ja auch nicht Tony.

Sonntag, 7. Februar 2016

Blütezeit am Fenster

An der Kamelie konnte ich einfach nicht vorbei gehen, obwohl ich mit komplizierten Pflanzen wenig Glück habe. Dass ich es mit ihr versuche, hat nichts mit Logik zu tun... An manchen Tagen fühle ich mich ein wenig verantwortungslos, an anderen Tagen freue ich mich einfach über diese besondere Mitbewohnerin. Ich schaue täglich nach ihr, messe die Luftfeuchtigkeit und vermeide es, die kleine Küche zu heizen, weil es der Kamelie nicht gut tun würde. Ich denke ja, dass es ohne unsere Madeira-Reise, wo mir die blühenden Bäume so gefielen, nie zu dieser Anschaffung gekommen wäre. Aber so ist das Leben: eine Reihe seltsamer Verknüpfungen.